Am 1. April 1960 richtete die Straßenverkehrs-Genossenschaft Westfalen-Lippe eGmbH (SVG) auf einem Gelände an der Münsterstraße den sogenannten „Autohof Bocholt“ ein. Das Historische Foto des Monats April zeigt die Einrichtung im Jahr 1962.
Viele werden sich fragen: Was mag das denn wohl sein, ein Autohof? Dabei ist diese Frage absolut nicht neu. Schon damals wusste in Bocholt kaum jemand, mit diesem Begriff etwas anzufangen und glaubte an einen Aprilscherz. Pauschal gesagt handelte es sich bei dem Autohof Bocholt um eine Einrichtung des dienstleistenden Straßenverkehrswesens.
Der ein wenig versteckt angesiedelte Betrieb befand sich auf einem größeren U-förmigen Gelände an der Münsterstraße, und zwar vor der einstigen Polizeistation im Gebiet der heutigen Don-Bosco-Straße. U-förmig deshalb, damit sich die Ein- und Ausfahrten nicht überschnitten. Dort befanden sich Verwaltungsgebäude, Lkw-Boxen, größere Parkplätze für Autos und Busse sowie Kompressor-, Schmier- und Waschanlagen im Bereich der technischen Ausrüstung.
Hier wurden im Auftrag der Bundesanstalt für Güterfernverkehr Frachtenprüfungen und -abrechnungen durchgeführt. Neben dem Frachteninkasso gehörten zudem die Abwicklung von Güterschädenversicherungen und die Laderaumverteilung zu den Aufgaben der SVG. Das Foto zeigt im linken Teil die Verwaltungsräume, in der Mitte eine Tankstelle und rechts – man glaubt es kaum – den Trakt mit Übernachtungsmöglichkeiten und Restauration.
Bei Entstehung dieses Fotos im April 1962 plante man allerdings noch den Ausbau und die hotelmäßige Aufstockung dieses Gebäudeflügels für Durchreisende. Später kam dort noch eine TÜV-Station hinzu, welche die bisherige am Meckenemplatz ersetzte. Die SVG vermittelte ferner Überbrückungskredite, insbesondere Kfz-Finanzierungen, leistete Rechtshilfe und stellte einen Verkaufswagen für Kfz-Ersatz- und Zubehörteile zur Verfügung. Insgesamt zehn Beschäftigte zählte der Autohof in seiner Eröffnungsphase: Fünf Personen arbeiteten in der Verwaltung, vier übernahmen den technischen Part, und ein Mann diente als Verkaufsfahrer. Die örtliche Behörde betreute neben Bocholt selbst auch die Kreise Borken, Ahaus und Coesfeld.
Was ist nun eigentlich ein Autohof? Ob diese Frage nunmehr sachgerecht beantwortet worden ist, mag dahingestellt sein. Seinem Wesen nach ähnelt er in gewisser Weise einem Motel und nicht etwa einem Autofriedhof, wie es damals ein junger Mann zu wissen glaubte. Er hatte nämlich im Einvernehmen mit seiner Unwissenheit beim Autohof seinen Schrottwagen zum Verkauf angeboten, musste dann aber vor Ort doch eines Besseren belehrt werden.
Foto: Stadtarchiv Bocholt, Nachlass Demes Nr. 54, Text: Wolfgang Tembrink
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Der Autohof Bocholt und seine Aufgaben (Copyright: Stadtarchiv Bocholt, Nachlass Demes Nr. 54)