Mit gutem „Sitzfleisch“ und großem Interesse haben die Zuhörer, die sich gestern Abend auf den Weg in das Stadthotel Kolping in Bocholt gemacht haben innerhalb von drei Stunden von Edgar Neufeld von der Standortentwicklung Neufeld die Ergebnisse aus ca. 40 Experteninterviews, Standortanalysen, einem wettbewerbsorientierten Innenstadt-Qualitätscheck und drei interaktiven Workshops im ersten Halbjahr 2018 plakativ präsentiert bekommen. Nach Begrüßungen durch Bürgermeister Peter Nebelo und Stadtmarketing-Geschäftsführer Ludger Dieckhues, der einen Rückblick auf die verschiedenen Entwicklungsschritte der Bocholter Innenstadt seit 2000 machte und als Fazit sagte, dass sie „in die Jahre“ gekommen sei, wurde es mit Edgar Neufelds Ausführungen ganz konkret.

Durchgehend aus der Sicht des Kunden wurden die Strategien für die Zukunft der Bocholter Innenstadt in den genannten Workshops erarbeitet. Seit der Schließung der großen Kaufhäuser Sinn Leffers und Hertie im Jahr 2009 und mit der zunehmenden Konkurrenz durch den online-Handel sind in der Bocholter Innenstadt deutliche Frequenz- und Umsatzverluste zu bemerken. Dieser Entwicklung soll entgegen gewirkt werden – auch mittels der von dem Gutachterbüro Dr. Lademann + Partner im Auftrag der Stadt Bocholt momentan in Erarbeitung befindlichen Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes. Die Ergebnisse beider Studien (also Einzelhandelskonzept und Flächenmanagement 2.0) sollen im Spätsommer vom Bocholter Stadtrat nach Beratungen in den zuständigen politischen Ausschüssen beschlossen werden. 

Im ersten Teil seines Vortrages erläuterte Edgar Neufeld Benchmarking aus Kundensicht: Stärken von Nachbarstädten wie Kleve, Winterswijk, Borken, Wesel. Es zeigte sich deutlich, dass z.B. das Parkleitsystem in die Jahre gekommen ist, dass die Kundenfreundlichkeit bei der sogenannten Customer Journey besser sein könnte und auch die Hinführung auf die Innenstadt Bocholt mittels Webseite nicht immer gelingt. In dem ersten Workshop im Februar 2018 wurden die Potenziale der Innenstadt herausgearbeitet und gleichzeitig gibt es drei Vorschläge: Die Innenstadt in zwei Teilbereiche (Neustadt, Altstadt) aufteilen, die Identitäten und Umsatzförderung viertelübergreifend denken, die Viertel aus Herkunfts- und Zukunftspotenzialen neu definieren. 

Die Vierteldefinitionim Workshop II im März führte zu einer Empfehlung seitens der 20 Teilnehmer, die vorhandene Kleinteiligkeit mit verschiedenen Werbe- und Straßengemeinschaften aufzulösen und eine Neuordnung innerhalb des Innenstadtrings zu wagen: Altstadt, Neustadt, Ravardiviertel und zusätzlich KuBAaI außerhalb des Innenstadtrings. Die Verzahnung zwischen Aa-See und Innenstadtsoll stärker in den Vordergrund gerückt werden. Die sogenannte Mindmap der Innenstadtmit Innenstadtankern und Geheimtipps ist ein starkes konsensgetragenes Ergebnis dieser Diskussionen. 

Der spannende dritte Teil (Ergebnisse aus Workshop III im Mai 2018) beinhaltete schließlich die Zukunftsstrategie Bocholt Innenstadt 2025mit Alleinstellungsmerkmalenund Branchenmix-Schwerpunktenund Edgar Neufeld nahm die Zuhörer am Dienstagabend mit. Er stellte fünf Alleinstellungsmerkmale vor, die in den Workshops erarbeitet wurden: Hub 1 mit der Entwicklung eines großen Marktes mit Einbeziehung des eigentlichen Marktplatzes und des St.-Georg-Platzes – das Herz der Stadt! Hub 2 mit der Entwicklung der Neustadt zum Freizeit-Shopping-Hotspot – Vernetzung von Freizeit, Kultur, Shopping („Neustadt-Freizeit-Shopping“)! Hub 3 mit der Entwicklung der Altstadt zu einem Personal-Shopping-Hotspot („Altstadt-Personal-Shopping)!. Viertens die Stärkung und Entwicklung der gastronomischen Kompetenz der Innenstadt mit dem Fokus auf dem Ravardi-Viertel sowie fünftens die Stabilisierung und Entwicklung von Identitäten für sogenannte Nebenlagencluster.

Eine zwischenzeitlich angeregte Diskussion brachte gute Ideen aus dem Plenum, die für die Entwicklung von konkreten Maßnahmen in den Prozess eingebracht werden – so das Versprechen der Akteure.

Das Konzept Flächenmanagement 2.0 birgt große Chancen für die zukünftige Entwicklung der Innenstadt, denn es identifiziert die Kernkompetenzen der Innenstadt. Diese lassen sich zu einem sich gegenseitig ergänzenden System von Alleinstellungsmerkmalen entwickeln und sie können die regionale Wettbewerbsposition der Innenstadt sowie das Image der Stadt Bocholt als attraktive besucherfreundliche Stadt deutlich stärken. 

Das zentrale Ergebnis des Konzepts Flächenmanagement 2.0 ist die Erkenntnis, dass die Bocholter Innenstadt die richtigen „Zutaten“ hat, um aus der Krise mit regionaler Stärke hervorgehen zu können, wenn alle Akteure mitziehen: Sie hat einen attraktiven Kern mit viel Tradition, eigenständige Viertel und den Markt, starke Händler und Gastronomen. Sie hat die Nähe zu Wasser, KuBAaI und den Aasee – nicht jede Stadt kann so viel Identitätsstiftendes für ihre Innenstadt aktivieren. Das Konzept Flächenmanagement 2.0 ist als Arbeitsgrundlage für die Innenstadtentwicklung zu verstehen, um zukünftig die einzelnen Konzeptbestandteile ausarbeiten und in die Umsetzung bringen zu können. Die Zuhörer des gestrigen Abends waren angetan von den Ergebnissen aus dem Flächenmanagement 2.0 – Prozess und sind sich dessen bewusst, dass alle gemeinsam die Bocholter Innenstadt wieder auf Weltmeisterniveau – ein Vergleich, den Stadtmarketing-Geschäftsführer Ludger Dieckhues in seinem Abschluss-Statement in Anspielung auf die FIFA-WM machte -  bringen können.