Die Stadt Bocholt hat zusammen mit dem Integrationsrat der Stadt zum zweiten Mal (nach 2023) den Integrationspreis vergeben. Dieser Preis würdigt Personen und Gruppen, die sich in besonderem Maße für die Stadtgemeinschaft einsetzen. Der Preis ist mit insgesamt 2.000 Euro dotiert.
"Es begeistert mich, wie engagiert Sie hier unterwegs sind und ich freue mich, zukünftig noch viel mehr von Ihnen mitzubekommen," sagte der stellvertretende Bürgermeister Michael Wiesmann, der die Anwesenden im Lernwerk begrüßte. "Die Verleihung des Integrationspreises 2025 ist ein ganz besonderer Abend – und der Integrationspreis verleiht Menschen, die mit Engagement, Kreativität und Mut Brücken zwischen Kulturen bauen und damit unser Miteinander in Bocholt bereichern, die Würdigung, die sie verdienen," betonte Wiesmann.
30 Jahre Ausländerbeirat
Vor der eigentlichen Preisverleihung ging Wiesmann noch auf ein Jubiläum ein. Als 1993 die ersten Diskussionen über die Gründung eines Ausländerbeirates in Bocholt geführt worden seien, sei das keineswegs selbstverständlich gewesen. "Es brauchte Menschen, die nicht nur an Mitbestimmung glaubten, sondern sie gleichzeitig aktiv einforderten. Einer dieser Menschen war Abdulkadir Kis. Gemeinsam mit Taskin Sevgi Oymaci und Süllü Bayar sammelte er damals Unterschriften, um die demokratische Wahl des Beirates durchzusetzen – und legte damit den Grundstein für ganze drei Jahrzehnte, bis heute, gelebte Teilhabe und Dialog", lobt Wiesmann die Initiatoren, die anschließend auch Gründungsmitglieder des Ausländerbeirates wurden.
"Herr Kis, ich darf Sie und Herrn Süllü Bayar heute ganz besonders begrüßen. Sie haben mit viel Weitsicht und noch mehr Beharrlichkeit dazu beigetragen, dass Menschen mit internationaler Familiengeschichte in Bocholt eine starke Stimme erhielten. Dafür gebührt Ihnen unsere Anerkennung. Sie haben, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Stück Bocholter Geschichte geschrieben."
Miteinander reden, statt übereinander
Seit der ersten Wahl 1995 habe sich vieles verändert: "Aus dem Ausländerbeirat wurde 2010 der Integrationsrat, und ab November dieses Jahres heißt das Gremium (nach der jüngsten Novellierung der Gemeindeordnung durch den Landtag NRW) „Ausschuss für Chancengerechtigkeit und Integration“. Allein dieser Name zeigt, wohin die Reise geht: Es geht längst nicht mehr nur um Herkunft, sondern um Gerechtigkeit und um gleiche Chancen für alle Menschen in unserer Stadt und um Potenziale, die diese Menschen mit internationaler Familiengeschichte in sich bergen", führte Wiesmann weiter aus.
Er bedankte sich beim Vorsitzenden Juan Lopez Casanava und beim Integrationsbeauftragten Bruno Wansing, der diesen Abend maßgeblich vorbereitete. "30 Jahre Ausländerbeirat – das sind 30 Jahre Einsatz für gegenseitiges Verständnis. Es sind 30 Jahre, die zeigen, was möglich ist, wenn Menschen – und das ist das Motto des aktuellen Integrationsrates geworden - miteinander reden, statt übereinander", so Wiesmann abschließend. Neben Kis und Bayar war von den Gründungsmitgliedern auch noch Gülay van Dijk zugegegen, die anschließend allesamt mit einem Blumenstrauß geehrt wurden.
Wer sich einbringt, gehört dazu
Juan Lopez Casanava, Vorsitzender des Integrationsrates, erklärte die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte des Preises. „Wir wollen alle Engagierten heute Abend loben“, so Lopez Casanava. Heute stehe die zweite Integrationspreis Verleihung vor der Tür – und das mit gutem Grund: "Weil es in Bocholt so viele Menschen und Initiativen gibt, die Integration jeden Tag ganz praktisch leben. Der Preis ist mit 2.000 Euro dotiert – aber lassen Sie uns ehrlich sein: Der wahre Wert liegt nicht im Geld. Der wahre Wert liegt in der Anerkennung, im sichtbaren Dank und in dem starken Signal, das wir als Stadtgesellschaft aussenden: Wer sich hier einbringt, wer Brücken baut, wer anderen hilft, hier anzukommen und mitzumachen – der gehört dazu", so Lopez Casanava.
Er betonte, dass die, die heute geehrt würden, Menschen seien, die sich in den letzten Jahren besonders verdient gemacht, Zeit, Herzblut und oft genug auch Nerven investiert hätten. "Sie haben Sprachbarrieren überwunden, Vorurteile abgebaut und Türen geöffnet – Türen in Wohnungen, in Jobs, in Freundschaften und in unsere Gesellschaft, dafür sage ich im Namen des Integrationsrates der Stadt Bocholt aber auch ganz persönlich und herzlich: Danke! Danke, dass Sie zeigen, wie Integration wirklich geht: mit offenen Armen, mit Respekt und mit ganz viel Menschlichkeit."
Für die Jury, die sich aus Fabian Bohland, Dr. Samer Ladkany, Loredana Morotti, Lutfieh „Latifa“ Rezk Almasri und dem Ersten Stadtrat, Björn Volmering zusammensetzte, stellte Fabian Bohland die fünf Bewerber vor. Neben dem Deutsch-Syrischen Verein, dem Kurdischen Kinderchor des Internationalen Mesopotamischen Kulturvereins, Yilmas Balci und dem Internationalen Chor des Mariengymnasiums hatte sich auch der Verein Bocholt bleibt bunt e.V. um den Integrationspreis beworben. "Für ihre ehrenamtliche Arbeit, die sie tagtäglich leisten, möchte ich Ihnen danken, Sie machen sich alle um Bocholt und die Integration verdient", lobte Bohland.
Zwei Preisträger
"Wir haben am 9. Juli getagt und auch wenn die Entscheidung nicht leicht gefallen ist, waren wir uns im Ergebnis alle einig", berichtete Fabian Bohland. IWie schon vor zwei Jahren, gab es in diesem Jahr erneut zwei Preisträger. Die Deutsch-Syrische Verein erhielt für sein herausragendes ehrenamtliches und integratives Engagement zur Unterstützung der syrischen Gemeinschaft in der Stadt Bocholt, insbesondere aber für die Vielzahl von Menschen verbindenden Veranstaltungen, bei denen echte Brücken zwischen den Kulturen gebaut wurden, sowie für die großartige Hilfestellung bei den Gemeinschaftsveranstaltungen der Stadt Bocholt den Integrationspreis in Höhe von 1.500 Euro.
Zudem wurde der Kurdische Kinderchor des Internationalen Mesopotamischen Kulturvereins für sein herausragendes ehrenamtliches und inklusives Engagement für die Stärkung der kulturellen Identität, der Sprachförderung und der Entwicklung eines Gemeinschaftsgefühls verbunden mit der Nutzung der Musik als Brückenbauer zwischen den Kulturen und als Menschen verbindendes Element mit dem Integrationspreis in Höhe von 500 Euro geehrt.
Drei Säulen beim Deutsch-Syrischen Verein
Seit der Vereinsgründung im Jahr 2022 setzt der Verein sich aktiv für die Integration der syrischen Gemeinschaft in Bocholt ein. Ziel ist es, Missverständnisse abzubauen, kulturellen Austausch zu fördern und die Herausforderungen des Integrationsprozesses zu bewältigen. Dabei gibt es drei Säulen,
- die Unterstützung der syrischen Gemeinschaft durch Hilfe bei behördlichen Angelegenheiten, Organisation kostenloser Sprachkurse, Unterstützung bei der Jobsuche,
- die Förderung des interkulturellen Dialogs durch Teilnahme an städtischen Veranstaltungen, Organisation eigener Events, wie z.B. den Ramadan-Bazar, den es im ganzen Kreis Borken nur in Bocholt gibt oder aber auch „10 Jahre Syrer in Bocholt“ ein Meilenstein, der die erfolgreiche Integration, den kulturellen Austausch und die enge Verbundenheit zwischen den Menschen der Stadt würdigte.
- das soziale Engagement und humanitäre Hilfe durch die Unterstützung von Geflüchteten schon bei der Ankunft in Bocholt, durch Hilfsaktionen wie die Spendenaktion nach dem Erdbeben in Syrien 2023 und auch durch die Förderung de sozialen Zusammenhalts durch gemeinsame Aktivitäten.
Die Arbeit des Deutsch-Syrischen Vereins hat in den 10 Jahren ihres Bestehens viele positive Veränderungen bewirkt und wird von der syrischen aber auch vor allem der gesamten Bocholter Gemeinschaft geschätzt. Bocholt ist auch durch den Deutsch-Syrischen Verein eine Stadt der Vielfalt und des Miteinanders.
Kurdischer Kinderchor - ehrenamtlich, inklusiv, Integration durch Musik
Der Kinderchor ist ein ehrenamtliches, inklusives Projekt, das Integration durch Musik fördert. Es stärkt die Zugehörigkeit der Kinder, eröffnet Bildungs- und Teilhabechancen und bringt Familien zusammen. Es wird ein Ort geschaffen, an dem Kinder ihre Stimmen und ihren Platz finden können. Es gibt wöchentliche Proben, es werden Auftritte geplant und durchgeführt und der Chor steht im engen Kontakt mit den Familien. Die Arbeit erfolgt ehrenamtlich – mit großem Engagement, Herz und persönlichem Einsatz.
Regelmäßig werden kreative Tage in das Programm integriert, um Kindern – insbesondere sozial benachteiligten oder mit Fluchthintergrund – zusätzliche Möglichkeiten zur Selbstentfaltung zu bieten. An diesen Tagen gestaltet der Verein gemeinsam mit den Kindern Musik, Bastel- oder Bewegungseinheiten, die ihre Kreativität fördern, ihre Stärken sichtbar machen und ihr Selbstvertrauen stärken. Diese besonderen Aktivitäten schaffen Raum für individuelle Ausdrucksformen und stärken das Gemeinschaftsgefühl.
Das Angebot richtet sich in erster Linie an Kinder mit kurdischem Hintergrund, aber auch Kinder anderer Herkunft sind herzlich willkommen. Der Chor steht für ein respektvolles Miteinander. Kinder unterschiedlicher Herkunft singen, lernen und wachsen gemeinsam. Auch die Eltern werden aktiv eingebunden – so entsteht Integration im Alltag. Gegenseitiges Verständnis, Mehrsprachigkeit und echte Begegnungen sind ein wesentlicher Beitrag zur Integration.
Muaiad Abl Alrahman für den Deutsch-Syrischen Verein und Selda Koldamca für den Kurdischen Kinderchor nahmen die Preise aus den Händen von Michael Wiesmann, Juan Lopez Casanava und Fabian Bohland entgegen.
Vom "Zufalls-Deutschen" und "staatlich geprüftem Deutschen"
Kabarettist Muhsin Omurca hatte anschließend mit seinem politischen Kabarett zwar die Lacher auf seiner Seite, wenn er Bürgermeister MIchael Wiesmann als Biodeutschen und sich anschließend als "getürkten Deutschen" bezeichnete. "Du bist zufällig ein Deutscher geworden, ich dagegen wusste, was ich wollte, ich bein ein bewusster ja sogar ein staatlich geprüfter Deutscher", so Omurca.
Musikalisch umrahmte das Cello-Quartett der Musikschule Bocholt-Isselburg mit Isabel Feldberg, Selin Özdemir, Wiebke Seggewiß und Katharina Theling unter der Leitung von Christiane Schröder. Zudem trat auch der Kurdische Kinderchor auf und präsentierte drei Lieder.
Abschließend nutzten die Gäste bei leckerem Essen, dass von Ataf Chaudhry von der Ahmadiyya Gemeinde und Mustafa Abu Dieb von "Bocholt's Chicken" vorbereitet worden war, und Getränken, die Gelegenheit zum Austausch und natürlich für viele, viele Fotos. "Ich bin super zufrieden, es ist - fast - alles so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte", sagte abschleßend Bruno Wansing, Integrationsbeauftragter der Stadt Bocholt.
Weitere Fotos zur Nutzung finden Sie hier: https://share.mediaflow.com/de/?73IBTLESMW
Freude über den Integrationspreis: Muaiad Abd Alrahman (2.v.r.), Vorsitzender des Deutsch-Syrischen Vereins Bocholt, erhielt aus den Händen von (v.l.n.r.) Fabian Bohland, Michael Wiesmann und Juan Lopez Casanava den Integrationspreis 2025
© Stadt Bocholt, Nikolaus Kellermann









