Der Journalist und ehemalige ARD-Studioleiter in New York, Gerald Baars, äußerte sich jetzt im Rahmen eines Vortrags in der Stadtbibliothek Bocholt zur Politik des US-Präsidenten Donald Trump, den Beziehungen zu Europa und Erwartungen an die Zukunft. Besonders junge Menschen interessierte das Thema. Die Hälfte der 55 Zuhörer waren Schüler aus den Oberstufen der Bocholter Gymnasien.
Das Thema Donald Trump hat auch anderthalb Jahre nach seiner Wahl nichts von seiner Aktualität und Spannung verloren. Es vergeht kaum ein Tag, an dem keine neuen Enthüllungen oder Tweets Aufmerksamkeit erregen. Mit Gerald Baars wurde ein ausgewiesener Kenner der US-amerikanischen Politik nach Bocholt eingeladen, der von seinen Erfahrungen und auch von persönlichen Treffen mit Trump berichten konnte.
"Privat genauso wie im Fernsehen"
Baars blickte auf die Wahlversprechen von Trump zurück und analysierte, was er bisher davon umsetzen konnte. Dabei ging er insbesondere auf die Politikfelder Gesundheit (sog. "Obama-care"), Immigration (geplante Mauer zu Mexiko), Steuerreform, Wirtschaft und Außenbeziehungen (Ausstieg aus dem Paris-Agreement) ein. Mit Ausnahme der Steuerreform, unter der sich seine Anhänger wohl etwas anderes vorgestellt hätten, könne Trump bisher keine Erfolge vorweisen, so Baars. Baars fasste die bekannten Punkte zusammen und unterfütterte sie jeweils mit Anekdoten, u.a. aus persönlichen Treffen mit Trump. Dabei konnte er keine Unterschiede im privaten Leben im Vergleich zum Eindruck aus den Medien feststellen – Trump gäbe sich im Fernsehen so, wie er auch privat sei, sagte Baars.
Trotz der immer stärker nachweisbaren Verfehlungen des Wahlkampf-Teams von Trump seien die Demokraten aber gar nicht an einer Amtsenthebung von Trump interessiert, meinte Baars. Trump habe mit seinem Wahlsieg nicht gerechnet und sei daher nicht vorbereitet gewesen. In vielen Punkten habe er keinen Plan, was er erreichen wolle.
Sein Vizepräsident Mike Pence, der im Falle einer Amtsenthebung nachrücken würde, habe als Ultra-klerikaler Politiker jedoch eine klare Agenda und die politische Erfahrung, diese auch umsetzen zu können. Trump sei daher "für die Demokraten das kleinere Übel". Sie setzten, so Baars, auf die Zwischenwahlen im kommenden November, um die Mehrheit im Senat zurückzuerobern, sowie auf die Präsidentschaftswahlen 2020. Dort solle mit Establishment-fernen Kandidaten und Graswurzel-Bewegungen das Oval-Office zurückgeholt werden.
Veranstalter
Die Diskussion fand statt im Rahmen der "Wahlverwandtschaften", einer Reihe gemeinsam organisiert von der Familienbildungsstätte, der Volkshochschule, der Europa-Union und dem Europe-Direct Informationszentrum Bocholt.