Eine Woche Auslandsurlaub, so fühlt sich die Woche des größten Deutschen Fecht- Trainingslagers an für die Jugendlichen, die sich bislang noch nicht allzu sehr auf den Fechtbahnen dieser Welt bewegt haben. Obwohl der Begriff Urlaub eher eine Irreführung gleicht. Die internationalen Spitzentrainer, die das Training gestalten, bieten ein derartiges Programm an, dass von einem Bootcamp gesprochen werden kann. Können viele Vereine ihren Mitgliedern nur zwei oder drei Mal pro Woche ein paar Stunden Hallenkapazität anbieten, so absolvieren die Camp-Teilnehmer bis zu sieben Stunden körperlicher Arbeit pro Tag, an sechs Tage nacheinander. Hinzu kommt am der mittlerweile traditionelle Run um den Aa-See, wovon man sich ein Tag später im Bocholter Abenteuerbad Bahia erholen darf. Das professionelle Fingerspitzengefühl der zwanzig Trainer aus acht verschiedenen Nationen führte zu einer guten Abwechslung von Belastungs- und Erholungsphasen. In Kooperation mit der Anwesenheit der österreichischen Ärztin Dr. Claudia Ranacher, die das Camp zusammen mit der ehemaligen Gesamtweltcup-Siegerin Elisabeth Knechtl und sechs ihrer jungen Athletinnen aus Graz besuchte, wurde die Trainingssteuerung so vorgenommen, dass trotzdem alle Teilnehmer bestens vorbereitet für die neue Saison nach Hause reisen konnten. Um Überbelastung zu vermeiden, werden nur jugendlichen ab zwölf Jahre fürs Bocholter Camp angenommen. Hoch interessant war es wahrzunehmen wie sogar die Jüngsten von den vor der Neurowissenschaftlerin Daria Zhigulskaya angebotene Biofeedback-Sessions verbesserten. Bedingt von den unmittelbar auf einem Bildschirm wahrnehmbaren Muskel An- und Entspannungen waren sie in der Lage innerhalb von zwanzig Minuten ihre Haltung und ihre Fechtstellung funktionell anzupassen. Für die Trainer bedeutet das sie nicht mehr mühselig, mit vielen Worten und Korrekturen ihren Schülern und Athleten "belästigen" müssen. In der Umkehrung, so meinte Zhigulskaya, hat sie jetzt von den Trainern viele praktischen Übungsmöglichkeiten gezeigt bekommen, womit die bewusste Muskelansteuerung realisiert werden kann. Presse-Mitteilung 16. International Fencing Camp Bocholt 2025 17.08.2025-24.08.2025 Mit eingeladenen Ukrainischen Fechtern Diese wissenschaftliche Komponente bedeutet eine kleine Revolution im weltweiten Campwesen. Bislang wurden bloß in Kaderlehrgängen und bei Nationalmannschaften solche Maßnahmen durchgeführt. Das Angebot in den meisten Trainingslagern ist es viel freies Fechten anzubieten, wobei die berühmten "Einzellektionen", die eins-auf-eins Einheiten mit einem Fechtmeister, fast überall gegen extra Bezahlung erworben werden können. Die Philosophie wonach das International Fencing Camp Bocholt gestaltet wird, beinhaltet unter anderem, dass alle Teilnehmer täglich diese besonders inspirierenden Einzelbetreuung wahrnehmen können. Unabhängig vom Alter und vom Niveau welches schon erreicht wurde. Im IFCB wird jedem vermittelt wie das Training zu Hause, mit den eigenen Trainern, weiterentwickelt werden kann. Der dreifache niederländische Meister im Degenfechten, David van Nunen, im Juni Vize- Europameister mit der niederländischen Mannschaft, erläuterte in einer Fragen und Antwort- Runde den Fechter und Fechterinnen, die eine Leistungssportlaufbahn anstreben, wie sich das realisieren lässt. Vor allem die jüngeren hingen dabei an seine Lippen. Diese soziale Integration von Altersklassen und Leistungsniveaus unter Leitung von Coaches, denen man ihre Zugehörigkeit zur absoluten Weltspitze nur in der Qualität ihrer Arbeit erkennt, führt zu einer einzigartigen Atmosphäre. Deswegen kehren viele Teilnehmer Jahr für Jahr zurück nach Bocholt. Und auf dieser Basis hat das Fencing Camp den Corona-Knick endgültig überstanden. Die jetzt hundertzehn Fechter und Fechterinnen wandelten die Euregio Sporthalle, in der achtzehn Fechtbahnen gequetscht waren, in ein großes Fechtzentrum. Bürgermeister Thomas Kerkhoff machte sich beim abschließenden Barbecue am Samstagabend im Europa Haus persönlich ein Bild von der Internationalität und von der Atmosphäre des Camps. In seiner Ansprache hob er hervor, dass es für die vielen jugendlichen Teilnehmer eine große Chance bietet neue Freundschaften zu schließen, und um sich im persönlichen Kontakt, nicht nur sportlich zu entwickeln, sondern gerade auch ein kultureller Austausch zu starten. Einfühlsam für die Gefühlswelt der Teilnehmer, meinte er, dass beim Abschied nach der Woche sicher manche Träne fließen wurde. Er bekam recht. Fencing Team Bocholt e.V. bedankte sich für den Besuch des Bürgermeisters mit einem T-Shirt der Veranstaltung und ein Programmheft. Sonderbericht, oder in Fechtsprache "Seitenhieb" Bürgermeister "rettet" Weltmeister Als der Kubaner Oscar Garcia, in seinem Auto mit belgischem Kennzeichen, am Dienstag, 17.00 Uhr nachmittags, nach dem Training von der Euregio Sporthalle zurück ins Europa Haus fuhr, wurde er von einer Polizeistreife angehalten und kontrolliert. Er musste aussteigen und durfte sich sofort einen Alkoholtest unterziehen, und wurde eindringlich befragt, warum er einen papierenen Führerschein besitzt. Und warum er in Bocholt ist. Es entstand eine babylonische Verwirrung, da Garcia hauptsächlich Französisch und Spanisch spricht. Sein amerikanischen Kollegen Mike Pederson, der mit im Auto war, kam schließlich auf die Idee den beiden Beamten das Programmheft des International Fencing Camp Bocholt zu zeigen, in der das Grußwort von Bürgermeister Thomas Kerkhoff abgedruckt war. Und auch alle Namen der Trainer. Das war die Rettung der beiden. Sie durften weiterfahren, das Camp wurde nicht seiner Trainer beraubt. Oscar Garcia war in 1991 und 1995 Weltmeister mit dem kubanischen Florettteam, in 1992 mit der Mannschaft Silbermedaille Gewinner in Barcelona. Er wohnt mit seiner Familie schon seit vielen Jahren in Belgien und war schon sechs Mal beim IFCB. Mike Pederson führte als Coach in 2008 in Peking die USA-Mannschaft im Damenflorett zur Silbermedaille, und in 2009 das U20-Team, mit der aktuellen Olympiasiegerin von Tokyo und Paris - Lee Kiefer - zum WM-Titel. Er war ebenso schon sechs Mal beim IFCB.
Â