Wie sieht die Zukunft der deutschen Innenstädte aus und was wünschen sich Innenstadtbesucher von ihren Stadtzentren? Diese Fragen liegen der bundesweiten Untersuchung „Vitale Innenstädte 2024“ zugrunde, die das Institut für Handelsforschung (IFH) Köln im Herbst 2024 bereits zum sechsten Mal in 107 Innenstädten in Deutschland durchgeführt hat. Für den Standort Bocholt sind die Ergebnisse besonders interessant, denn Stadtmarketing Bocholt hat sich seit dem ersten Befragungsjahr beteiligt. Dadurch liegen einige Ergebnisse auch als Zeitreihe vor und geben Hinweise zur Entwicklung.

Bocholter Innenstadt-Gesamtnote
Die Gesamtnote für die Bocholter Innenstadt hat sich im Vergleich zu allen fünf vorherigen Untersuchungen der Jahre 2014-2022 verbessert und liegt nun bei einer glatten 2,0 (Vorjahre 2,3-2,7). Dabei beurteilen die Innenstadtbesucher besonders positiv die Attraktivität des Einzelhandelsangebotes insgesamt, die Fahrrad-, Fußgänger- und Autofreundlichkeit einschl. der Parkmöglichkeiten, das Gastronomieangebot, das Dienstleistungsangebot, Gebäude, Grünflächen, Sauberkeit sowie die touristische Attraktivität und den Erlebniswert als auch die Lebendigkeit der Stadt. Damit gehört Bocholt bei den mittelgroßen Städten mit 50.000 bis 200.000 Einwohnern zu den Top-Performern der gesamten IFH-Innenstadtstudie 2024. Der Gesamtdurchschnitt aller 107 untersuchten Städte liegt bei 2,5.

Besuchsgründe – Einkaufen immer noch an erster Stelle
Interessant ist die Frage nach den Besuchsgründen der City-Besucherinnen und -Besucher: 81 % der Befragten kommen zum Einkaufen, 31 % kommen zum Besuch der Gastronomie und für 13 % ist ein Behördengang, die Arbeit bzw. Bildung oder auch der Arztbesuch Anlass für den Weg in die Stadt. Hier waren Mehrfachnennungen möglich. Auffallend ist, dass der Einkaufsbummel in Bocholt weitaus häufigerer Grund für den Stadtbesuch ist als im Ortsgrößendurchschnitt (63%). Der Bereich „Wohnen“ spielt hingegen mit rund 6% in Bocholt im Vergleich zu knapp 23% im  Ortsgrößendurschnitt nur eine untergeordnete Rolle.

Zeitreihe
Mit dem Blick auf die Zeitreihe (2020 – 2022 – 2024) fällt auf, dass die Häufigkeit des Einkaufens abnimmt. Waren es noch in 2020 gut 80% der Befragten, die täglich oder wöchentlich die Innenstadt zum Einkaufen aufsuchten, sind es 2024 nur noch rund 44 %. Setzt man diese Erkenntnis nun ins Verhältnis zu den Frequenzzahlen der Innenstadt als solche (die stabil geblieben sind; => Frequenzmessungen – in den Bocholter Innenstadtstraßen), kommt man zu dem Schluss, dass mehr Menschen als in den Jahren zuvor, die Innenstadt aufsuchen. Ebenso sprechen die  Zentralitätskennziffern der GfK für diesen positiven Besucherzustrom (=> Fazit für Bocholt).

Aufenthaltsdauer
Befragt man die Besucher nach ihrer voraussichtlichen Aufenthaltsdauer in der Innenstadt, ist diese auffällig kurz. Überdurchschnittlich viele Menschen (33%) -sowohl im Vergleich mit der Untersuchung aus dem Jahr 2022 wie auch im Vergleich zum Ortsgrößendurchschnittbesuchen die Innenstadt kürzer als eine Stunde. Bei getrennter Betrachtung der Besuchstage unter der Woche und am Wochenende lässt sich jedoch festhalten, dass der Besuch der Innenstadt an einem Samstag in der Regel länger ausfällt als dies donnerstags der Fall ist.

Zukünftige Anforderungen an die Innenstadt – Maßnahmen
Auf die Frage welche Maßnahmen in Bocholt ergriffen werden sollten, um die Innenstadt für den Besuch attraktiver zu machen, wurden im Vergleich zum Ortsgrößendurchschnitt überdurchschnittlich häufig die Verbesserung des ÖPNV (35% i.Vgl. zu 28%) sowie mehr Veranstaltungen und verkaufsoffene Sonntage genannt (36% i.Vgl. zu 18%). Dahingegen sahen die Befragten in Bocholt Maßnahmen gegen Leerstände oder Brachflächen (19%) im Vergleich zum Ortsgrößendurchschnitt (44%) als weniger notwendig an. Zusatzfragen – Informationsquellen/ Einkaufsstädte in der Nachbarschaft Die beiden Zusatzfragen, die individuell für Bocholt gestellt wurden - bezogen sich zum einen auf die Informationsbeschaffung hinsichtlich Veranstaltungen/ Neuigkeiten in der Innenstadt und zum anderen auf bevorzugte Einkaufsstädte in der näheren Umgebung.
Nahezu die Hälfte aller Befragten gab an, sich über die Homepage der Stadt Bocholt Informationen über Veranstaltungen in der Stadt zu beschaffen, gefolgt von Tageszeitung (37 %) und Social Media (36%). Von den umliegenden Städten sind Kleve und Winterswijk die favorisierten Städte zum
Einkaufen.

Frequenzmessungen – in den Bocholter Innenstadtstraßen
Auch die im Jahr 2020 installierten und 2023 erweiterten Laserscanner des Stadtmarketings zur Passantenfrequenzmessung bestätigen einen stabilen bis leicht positiven Trend bei den Besucherfrequenzen. Zudem ist eine präzisere Analyse der Auswirkungen von
Veranstaltungen und Innenstadtentwicklungsmaßnahmen möglich. Im Jahr 2024 besuchten knapp 4 Mio. Besucher die Innenstadt. Damit liegen die Besucherzahlen leicht über dem Niveau der beiden Vorjahre. Die detaillierte Analyse der Frequenzmessungen zeigt, dass besonders frequenzreiche Tage oft mit größeren Innenstadtveranstaltungen verbunden sind. Zu den Spitzenwerten des Jahres 2024 gehörten der verkaufsoffene Sonntag „Bocholt Blüht“ am 28. April mit 27.736 Passanten an der Neustraße, das City Food Festival im September (26.797 Passanten an der Neustraße) sowie der verkaufsoffene Sonntag „Lichtersonntag“ im November.

Fazit für Bocholt
Ergänzt man die hier gewonnenen Erkenntnisse um die neuesten Zentralitätskennziffern der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) für Bocholt (2024:108,3 im Vergleich zu 2023:104,3 und 2022 101,1) lässt sich ablesen, dass ein vorsichtiger Aufwärtstrend für die Bocholter Innenstadt zum Einkauf, zum Shoppen, zum Erleben zu verzeichnen ist. Auch eine Analyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord zu Passantenfrequenzen im Herbst 2024 kam zu dem Ergebnis, dass Bocholt mit einem Durchschnitt von mehr als 1900 Passanten pro Stunde auf der Neustraße an Samstagen Spitzenreiter im Münsterland ist. Die Innenstadt hat einen Erlebnisfaktor, den es weiter zu optimieren gilt. Verbesserungsmöglichkeiten u.a. bzgl. Branchenbesatz, Leerständen in den hinteren Bereichen der Fußgängerzonen, im Bereich Tagesgastronomie sowie in der Verlängerung
der Aufenthaltsdauer müssen ergriffen und umgesetzt werden und doch zeigt sich in der Befragung von 604 zufällig ausgewählten Personen bei „Vitale Innenstädte“ wie auch in den Zahlen der GfK und der Frequenzmessungen, dass die Innenstadt immer noch -bzw. wieder ein Ort der Begegnung, ein Ort des (Er-)Lebens ist. Dies gilt es weiter auszubauen, um Bocholt weiter für die Bocholter und auch für die Gäste aus dem Umland attraktiv zu gestalten, die Herausforderungen zu erkennen, anzunehmen und mit geeigneten Maßnahmen anzugehen. Dafür ist die hier vorliegende Empirie eine aktuelle Grundlage für die Einordnung der Bocholter Innenstadt insgesamt, aber auch für die einzelnen zu bearbeitenden Stellschrauben.

 

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