Das Beratungsbüro Stadt + Handel aus Hamburg unterstützt das Stadtmarketing sowie die
Stadt Bocholt seit Anfang 2023 bei der Aktualisierung sowie einem Update bestehender Konzepte
für die Bocholter Innenstadt. Die neu entwickelte Innenstadtstrategie mit dem Titel „Kollektiver
Systemwandel“ zielt darauf ab, die notwendigen Transformationsprozesse aufgrund äußerer Rah-
menbedingungen durch innovative Strategien und konkrete Maßnahmen umzusetzen. In den ver-
gangenen Monaten wurden verschiedene Partizipationsprozesse - Bürgerbefragungen auf dem
Marktplatz, Speeddatings, ein Jugendabend im Kinodrom sowie ein Innenstadtcamp in der ehema-
ligen Stadtsparkasse Bocholt - durchgeführt. Von Beginn an waren wichtige Stakeholder aus Politik,
Einzelhandel, Gastronomie, Verwaltung, der Generation Z und der Bocholter Bevölkerung daran
beteiligt den Status Quo der Bocholter Innenstadt zu ermitteln sowie gemeinsam die Ziele zu erar-
beiten.
Die erfassten Maßnahmen und Ideen wurden von Stadt + Handel und Stadtmarketing priorisiert
und unter Berücksichtigung strategischer Überlegungen von Stadt + Handel in das Innenstadtkon-
zept integriert. Ziel ist es, die Bocholter Innenstadt durch gezielte Maßnahmen zu revitalisieren und
an die aktuellen Anforderungen anzupassen. Durch die Entwicklung neuer und angepasster Strate-
gien sowie konkreter Maßnahmen wird eine nachhaltige Verbesserung der Bocholter Innenstadt
angestrebt.
Im Fokus der Innenstadtstrategie stehen die folgenden fünf Leitmotive zur Orientierung und Posi-
tionierung der Bocholter Innenstadt:

#progressiv: Wandel der Grundhaltung
Die bisherigen Planwerke und Erkenntnisse aus dem Beteiligungsverfahren zeigen eine konserva-
tive Haltung zur Innenstadtentwicklung, geprägt von problembezogenen und sektoralen Lösungs-
ansätzen. Um die nachhaltige Akzeptanz und Attraktivität der Bocholter Innenstadt zu fördern,
wird von Stadt + Handel eine progressive Haltung empfohlen, die mutig, präventiv und aktiv die
Transformation gestaltet. Dies erfordert einen Wechsel von sektoraler zu übergeordneter Be-
trachtung und von planender zu dynamischer Strategie, unter Einbeziehung interdisziplinärer
Kompetenzteams aus Stadtplanung und Stadtmarketing sowie interaktiver Aktionspläne und Ent-
wicklungsprozesse.

#kollaborativ: Wandel in der Organisation
Die Veränderung der Grundhaltung in der Innenstadtentwicklung erfordert eine Neugestaltung
der Organisation, indem die Zuständigkeit von fachlich sektoral zu kollektiver Verantwortung
übergeht. Um die Notwendigkeit einer Organisation der Innenstadtentwicklung zu verdeutlichen,
sieht Stadt + Handel eine schnelle, umsetzbare und zugleich langfristig tragfähige Struktur in einer
Leitstelle Innenstadt . Diese Leitstelle soll sämtliche Aktivitäten öffentlicher und privater Akteure
koordinieren, unter der strategischen und organisatorischen Verantwortung von Bürgermeister,
Stadtbaurat und Stadtmarketing Geschäftsführer.

#fokussiert: Wandel der räumlichen Perspektive
Die Hamburger Experten empfehlen die Bocholter Innenstadt künftig weniger durch planerische
Vorgaben, sondern verstärkt durch kollaborative Kräfte, private Initiativen und innovative Kon-
zepte zu entwickeln. Ein flexibler Rahmen mit Investitionsräumen, Interventionsräumen und Inno-
vationsräumen soll individuelle Freiheiten ermöglichen, während gleichzeitig kollektive Verpflich-
tungen eingefordert werden. Das Ziel ist es, die Vielfalt der Teilräume effektiv zu nutzen und lang-
fristige wirtschaftliche Tragfähigkeit zu gewährleisten.

#wertschöpfend: Wandel der budgetären Hoheiten
Stadt + Handel schlägt vor, einen eigenen Wirtschaftsplan für die Innenstadt zu erstellen, der
sämtliche öffentlichen und privat-öffentlichen Aktivitäten aller Dezernate und Stadttöchter be-
rücksichtigt. Dieser dient der Planung und Deckung des Ressourcenbedarfs für die Innenstadtent-
wicklung im folgenden Wirtschaftsjahr und ist Teil des städtischen Haushalts. Die Erstellung der
Wirtschaftspläne erfolgt in enger Abstimmung innerhalb der Leitstelle im investiven und kon-
sumtiven Bereich.

#konsequent: Wandel der operativen Einheiten
Die von Stadt + Handel erarbeitete Innenstadtstrategie sieht vor, dass die Verantwortung für die
Innenstadtentwicklung nicht auf einzelnen Schultern lastet. Stattdessen werden eigenverantwort-
liche Kompetenzteams vor allem aus Stadtplanung und Stadtmarketing sowie Innenstadtakteuren
gebildet, die die operative Umsetzung der Maßnahmen und Finanzierungskonzepte aus den Wirt-
schaftsplänen koordinieren, wobei die Leitstelle Innenstadt die Gesamtkoordination übernimmt.

Handlungsempfehlungen
Um die Leitmotive der Innenstadtstrategie zu konkretisieren und für erste Umsetzungen in 2024 zu
sorgen, stehen die folgenden fünf Handlungsempfehlungen als erste Konsequenzen aus dem zu-
rückliegenden Beteiligungsprozess.
Handlungsfeld 1:„MACHEN“: SichtbareZeichen. Oder: Motivation durch Umsetzung
Die Neujustierung der Bocholter Innenstadt erfordert starkes Engagement auf privater und städti-
scher Ebene, mit dem Ziel, die Grundlast der Transformation aktiv zu fördern. Die Umsetzung kon-
kreter Projekte aus Beteiligungsformaten, innerstädtischer Initiativen und städtischer Fachberei-
che steht im Fokus, wobei betont wird, dass die Umsetzung entscheidend ist und erste sichtbare
Zeichen schnell durchgeführt werden könnten.

Handlungsfeld 2:„FunktionalerWandel“: Accelerator.Oder: Ein Prozessbeschleuniger der innerstäd-
tischen Transformation

Die Bocholter Innenstadt reagiert auf den Wunsch nach attraktiven und abwechslungsreichen In-
nenstadtbereichen sowie dem Mangel an Nachwuchs, indem sie gemeinsam mit Partnern aus
dem Beteiligungsverfahren einen „Accelerator“ einführt. Dieser „Accelerator“ hat das Ziel, neue
Geschäftsmodelle für die Innenstadt zu formen und in die Tat umzusetzen. Nach einer definierten
Laufzeit wird über die Fortführung des Geschäftsmodells entschieden, und bei positivem Votum
erfolgt ein geeigneter "Roll-out" mit bis zu zweijähriger Betreuung durch die Leitstelle Innenstadt.

Handlungsfeld 3:„Stadtgestaltung&Raumentwicklung“: Auf die Plätze. Oder: Im Schulterschluss
zur Profilierung

Die innerstädtischen Plätze spielen eine entscheidende Rolle für die Profilierung der Bocholter In-
nenstadt, und ihre Attraktivität beeinflusst maßgeblich die Wahrnehmung. Der Wochenmarkt vor
dem Historischen Rathaus ist ein herausragender Attraktor, jedoch bedarf er einer Weiterentwick-
lung, um seine Bedeutung als Aushängeschild der Innenstadt zu sichern. Besondere Aufmerksam-
keit gilt der Entwicklung des Gasthausplatzes als prototypisches Beispiel, bei dem unterschiedliche
Fachbereiche wie Stadtplanung und Stadtmarketing in der Leitstelle in einer übergreifenden Ver-
antwortung zusammenarbeiten sollten, begleitet von externer Fachexpertise und unter Beteili-
gung der Anlieger und Immobilieneigentümer.

Handlungsfeld 4:„Digitalisierung“: MitderZeitgehen.Oder: Ein Digitalisierungsfahrplan für die In-
nenstadt

Die Bocholter Innenstadt bietet eine gute Grundlage für ihre Weiterentwicklung als attraktiver
Anlaufpunkt, sowohl digital als auch analog. Die steigende Digitalisierung erfordert fortlaufend
eine Anpassung von Vertriebskonzepten, was auch für die Innenstadt gilt, wie die Diskussion um
ein effektives Parkleitsystem zeigt. Initiiert durch die Leitstelle Innenstadt soll in einem gemeinsa-
men Prozess nochmals an einer umsetzungsfokussierten Digitalisierungsstrategie für die Bochol-
ter Innenstadt gearbeitet werden. Ein mögliches Praxisbeispiel ist die Implementierung eines digi-
talen Parksystems für die City.

Handlungsfeld 5:„Ad-hoc-Maßnahmen“: Der passende Rahmen. Oder: Eine Neujustierung von Nor-
men und Vorgaben

Die Transformation der Bocholter Innenstadt gestaltet sich bedingt durch externe Einflüsse wie
Kriege, Despoten, Pandemien und politische Maßnahmen auf europäischer, bundesweiter und
landesweiter Ebene als herausfordernd. Zusätzlich beeinträchtigen gesetzliche Regelungen und
lokale Verordnungen die Handlungsfreiheit der Transformation. Um einen passenden Rahmen zu
schaffen, soll eine umfassende Analyse des kommunalen Rechtsrahmens durch eine externe Kanz-
lei erfolgen. Dabei werden besonders - zum Teil aktuell schon - diejenigen Normen betrachtet, die
aktiv angewendet werden, wie beispielsweise Vorschriften zum Stellplatzausgleich, Ansiedlungs-
fragen, Infrastrukturthemen und Baunutzungsänderungen, um einen förderlichen Handlungsrah-
men für Innovation und Wertschöpfung in der Innenstadt zu schaffen.
Der Einladung zur Präsentation der Innenstadtstrategie mit dem Titel „Kollektiver Systemwandel“
kamen am Dienstagabend über 100 interessierte Bocholterinnen und Bocholter aus unterschied-
lichsten Bereichen nach.
Nach Vorstellung der Innenstadtstrategie sowie der kurzen Darstellung des Entwicklungsprozesses
durch Stefan Postert von Stadt + Handel folgten einige Fragen aus dem Publikum, denen sich Bür-
germeister Thomas Kerkhoff, Stefan Postert und Stadtmarketing-Geschäftsführer Ludger Dieckhues
stellten.

 

 

Foto: Präsentation Innenstadtstrategie1