Jenna Terhart ist 16, geht aufs Euregio und will einen technischen Beruf ergreifen. Dazu
absolvierte die Rhederin bereits Praktika bei einem Statiker, einem Architekten, einem
großen Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie und nun eine Woche lang bei
der HÜBERS Verfahrenstechnik Maschinenbau GmbH im Bocholter Industriepark. „Mir
hat total gut gefallen, dass man eine Maschine am Computer zunächst konstruiert,
programmiert und visualisiert. Und dann geht man eine Etage tiefer in die Fertigung und
sieht sie dort leibhaftig im Bau vor sich stehen.“
Dass die Schülerin gerade Betriebsluft schnuppert und ihre Schulbank mit Büro und
Produktionshalle tauscht, macht das Duale Orientierungspraktikum Technik, kurz
#dop4u, möglich. Ziel ist, dass Q1-Gymnasiasten technische Berufe kennenlernen,
echten Studien- und Berufsalltag erleben sowie wertvolle Kontakte für den
Berufseinstieg knüpfen. „Zwar hat die Corona-Pandemie einiges
durcheinandergewirbelt, aber es absolvierten immerhin vergangene Woche 15 und in ein
paar Wochen weitere vier Jugendliche ihre betriebspraktische Woche in 13
Unternehmen im gesamten Kreis Borken“, berichten die Organisatorinnen Jennifer
Middelkamp, Regionalgeschäftsführung des Unternehmerverbandes, und Katrin Köller,
Referentin bei der Wirtschaftsförderung für den Kreis Borken. Nach vielen Monaten
geringer oder rein digitaler Berufsorientierung sind wie sie alle Beteiligten – Schüler,
Lehrer und Unternehmen – sehr glücklich darüber, dass überhaupt etwas live, echt und
in Farbe stattfindet.

Das achte Mal nun nahm HÜBERS, ein Anlagenbauer für die Verguss- und
Imprägniertechnologie, am #dop4u teil und bot ein vielfältiges Programm: Jenna startete
in der Fertigung, um zunächst einmal hautnah und in natura die Produkte zu erfahren.
„Die meiste Zeit verbrachte sie in der Konstruktionsabteilung. Hier arbeitete sie daran
mit, wie eine kundenspezifische Anlage elektrotechnisch ausgelegt sein muss“, berichtet
Thomas Biernath aus der Elektrokonstruktion. Das Unternehmen mit 120 Beschäftigten
versucht junge Leute auch dadurch für sich zu begeistern, dass immer andere
Herausforderungen für neue Produkte entstehen und somit keine Massenware
hergestellt wird. Hübers-CEO Dr. Markus Kamp erläutert: „Wir konstruieren und fertigen
Maschinen, mit denen beispielsweise Teile für Elektrofahrzeuge oder
Magnetschwebebahnen hergestellt werden. Deshalb machen unsere Beschäftigten alles
andere als Routine-Jobs.“ Nicht zuletzt gehe es bei Praktika auch immer darum, dass
die Schüler abseits der Schulbank die Arbeitsatmosphäre kennenlernen: „Wir haben ein
tolles, motiviertes Team, das die Praktikanten in der direkten Zusammenarbeit
kennenlernen“, so Kamp.
13 Betriebe im gesamten Kreis Borken öffnen in diesen Wochen ihre Tore für den
Nachwuchs, in Bocholt sind dies neben Hübers die Firmen Benning, Flender, Borgers,
Lebbing, Olbrich, Spaleck und TIS. Auf diese mittelständischen Unternehmen und die
dort angebotenen Zukunftsberufe richtet das #dop4u den Blick der Schüler, erläutert
Middelkamp: „Technologien von morgen, IT-Lösungen für Automatisierung und Robotik,
Maschinen und Anlagen, die besonders ressourcenschonend und klimafreundlich sind –
all das wird auch im Kreis Borken entwickelt und produziert. Daran können Jugendliche
mitarbeiten, wenn sie einen technischen Beruf ergreifen.“
Zum Dualen Orientierungspraktikum Technik, das seit 2011 zum nunmehr zehnten Mal
stattfindet, gehört auch eine studienpraktische Woche an der Westfälischen Hochschule,
die die Schüler in ihren Weihnachtsferien Anfang Januar hätten absolvieren sollen.
Aufgrund der hohen Corona-Infektionszahlen musste sie leider ausfallen, „aber wir
planen gerade einen Nachholtermin, von dem dann auch alle 26 diesjährigen Bewerber
für das #dop4u profitieren sollen“, sagt Köller. Partnerschulen des #dop4u sind die vier
Bocholter Gymnasien, das Berufskolleg in Bocholt sowie die Städtischen
Gesamtschulen in Bocholt und Rhede.
Weitere Informationen
• Internet: www.dop4u.de

 

 

Kurz-Interviews

3 Fragen an...
Jenna Terhart, 16-jährige Euregio-Gymnasiastin aus Rhede
Was hast Du in Deinem Praktikum gemacht?
Gestartet bin ich in der Fertigung, um ‚in Echt‘ zu sehen, welche Maschinen und Anlagen
hier gebaut werden. Zwei Tage ging es dann in die mechanische Konstruktion. Dort
arbeitet man am Computer, erstellt 3D-Modelle und bildet sie dann in 2D ab. Ich selbst
durfte Anfangsbauteile wie eine Platte mit Bohrungen konstruieren. Die letzten beiden
Tage war ich in der elektrischen Konstruktion und habe Schaltpläne am Computer erstellt
und visualisiert.
Was hat Dir besonders gut gefallen?
Dass man sieht, wie eine Maschine konstruiert wird, und dann eine Etage tiefer in die
Fertigung geht und sie dort leibhaftig vor sich stehen sieht. Wir haben im Technik-
Unterricht in der Schule auch schon Schaltpläne gemacht und Bauteile konstruiert,
natürlich mit etwas anderen Programmen als hier. Aber es ist schon ein großer
Unterschied zum Schulalltag, dass man die Maschine am Ende vor sich stehen hat, die
man vorher berechnet hat.
Würdest Du das Praktikum anderen Schülern empfehlen?
Auf jeden Fall, mir gefällt es richtig gut. Hier durfte ich viel live erleben, bei jeder Frage
hilft mir jemand, es ist eine enge Zusammenarbeit im Team. Ich konnte viel lernen und
mitnehmen. Zum #dop4u gehört ja auch noch eine Woche an der Westfälischen
Hochschule, die hoffentlich noch stattfindet. Da ich derzeit überlege, ein Duales Studium
in einem technischen Studienfach anzutreten, wäre das noch eine wertvolle Erfahrung.
3 Fragen an...
Dr. Markus Kamp, CEO der HÜBERS Verfahrenstechnik Maschinenbau GmbH
Sie sind in der zehnten Auflage des #dop4u zum achten Mal mit von der Partie. Warum
macht Ihr Unternehmen mit?
Betriebspraktika sind ein sehr guter Weg, jungen Leuten einen wirklichen Einblick in das
Berufsleben zu geben, der sich dann auch auf die Entscheidung über den
Ausbildungsweg und die Auswahl des Unternehmens für den Berufsstart auswirkt. Wir
bei HÜBERS sind ein tolles Team, die Projekte und Aufgaben sind spannend und
vielfältig. Dieses Bild vermittelt sich natürlich auch unseren Praktikanten. Auf der anderen
Seite haben wir die Gelegenheit, die Praktikanten – und damit eventuelle zukünftige
Mitarbeiter – deutlich besser kennenzulernen, als es aufgrund von
Bewerbungsunterlagen und in Vorstellungsgesprächen möglich ist. Für beide Seiten sind
Praktika also extrem sinnvoll, und das Duale Orientierungspraktikum für
Oberstufenschüler ist da keine Ausnahme. Praktikumsbewerbungen aller Schulformen
sind uns jederzeit willkommen, da wir ständig Praktikumsmöglichkeiten in allen
Unternehmensbereichen anbieten
Welche Erfahrungen sammelt die Praktikantin bei Ihnen?Der Schwerpunkt von Frau Terharts Praktikum liegt in der Konstruktion unserer
Maschinen und Anlagen, sowohl bezüglich der mechanischen als auch der
elektrotechnischen Auslegung. Ihre Tätigkeit in unserer Konstruktionsabteilung nimmt
deshalb den Großteil der Praktikumswoche ein. Den Start bildet allerdings der Ort, an
dem unsere Maschinen und Anlagen wirklich entstehen, nämlich die Fertigung –
sozusagen um zunächst einmal hautnah und in natura unsere Produkte zu erfahren. Und
nicht zuletzt geht es natürlich darum, die Arbeitsatmosphäre an sich in der
Zusammenarbeit mit den Kollegen kennenzulernen.
Fachkräftemangel allerorten und quer durch alle Branchen: Was sind Ihre Rezepte in
Ihrer Branche Maschinen- und Anlagebau?
Wie in allen Branchen geht es natürlich darum, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Wir
bauen Sondermaschinen und -anlagen für die Herstellung von elektrischen und
elektronischen Bauteilen – vom Herzschrittmacher bis zur Hochleistungsspule für
Magnetschwebebahnen. Aber auch Windrotorblätter, Küchenspülen und
Kunststoffbrillengläser gehören zu den Produkten unserer Kunden. An unserem
Hauptstandort hier in Bocholt erfolgt sowohl die gesamte Entwicklung als auch die
Produktion unserer Maschinen. Dadurch sind die Aufgaben und Tätigkeiten in allen
Bereich ebenso anspruchsvoll wie abwechslungsreich: „Massenware“ gibt es bei uns
ebenso wenig wie Routine-Jobs. Dies ist ein immens wichtiger Faktor, um junge Leute für
einen Einstieg bei HÜBERS zu begeistern. Hinzu kommen vorteilhafte
Rahmenbedingungen wie die guten beruflichen Weiterentwicklungsperspektiven unter
anderem aufgrund unserer flachen Hierarchie und unserer weltweiten Aktivitäten.
Weitere Anreize sind eine betriebliche Krankenzusatzversicherung und ein Job-Rad-
Programm. Damit bieten wir Berufseinsteigern ein Gesamtpaket, das sich wirklich sehen
lassen kann.
3 Fragen an...
Jennifer Middelkamp, Regionalgeschäftsführung Unternehmerverband
Warum konzentriert sich das #dop4u auf Berufe im MINT-Bereich?
Weil technische Berufe die Zukunftsberufe sind! Sie bieten eine Zukunft für jeden ganz
individuell, weil die Nachwuchskräfte von Anfang an richtig gutes Geld verdienen und
beste Aufstiegsperspektiven haben. Und technische Berufe sind die Zukunft, weil hier z.
B. energieeffiziente Maschinen entwickelt und gebaut werden oder nachhaltige
Technologien entstehen, auf die wir angesichts knapperer und teurer werdender
Ressourcen angewiesen sind. Und nicht zuletzt ist der Arbeitsmarkt im Kreis Borken gut:
Hiesige mittelständische Unternehmen suchen Fach- und Führungskräfte im Maschinen-
und Anlagenbau sowie in der IT.
Wie wichtig ist diese betriebspraktische Berufsorientierung in digitalen Zeiten?
Wichtiger denn je, weil man etwas anfassen sollte, um es wortwörtlich zu (be)greifen.
Genau das machen die Schüler im #dop4u: Sie begleiten technische Beschäftigte in
ihrem Arbeitsalltag am PC und in der Produktion, durchlaufen Abteilungen, dürfen selbst
ausprobieren. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass die Jugendlichen andere Beschäftigte
kennenlernen: den Azubi in der Fertigung, den Gesellen in der Produktionsplanung, den
dual Studierenden in der Qualitätssicherung oder den Ingenieur auf der
Führungsposition. Das zeigt sehr schön mögliche Werdegänge auf.Apropos Werdegänge: Welche Wege gibt es denn für diejenigen, die einen technischen
Beruf ergreifen wollen?
Mit dem Schulabschluss in der zehnten Klasse kann man z. B. direkt in eine Duale
Ausbildung starten. Keine schlechte Wahl, denn gerade in technischen Branchen kann
man richtig gut verdienen. Und man kann aufsteigen, z. B. durch eine Fortbildung zum
Meister. Wer den akademischen Weg einschlagen möchte, absolviert das Abitur und
dann ein Studium. Dies kann auch dual laufen, also Studium parallel kombiniert mit einer
Ausbildung. Wichtig ist, dass sich Schüler und vor allem ihre Eltern – sie beeinflussen die
Berufswahl meist maßgeblich mit – für alle Berufswege öffnen und das individuell
passende herausfinden.
3 Fragen an...
Katrin Köller, Referentin Wirtschaftsförderung Kreis Borken
Was ist das Besondere am Dualen Orientierungspraktikum Technik?
Das Duale Orientierungspraktikum Technik bietet einen realistischen Einblick in die
Studien- und Berufswelt von technischen Berufen. Die Schülerinnen und Schüler haben
die Möglichkeit, sowohl in den Studienalltag „reinzuschnuppern“, als auch die sich daran
anschließende Betriebspraxis zu erleben. Sie lernen wertvolle Kontakte kennen und
können somit die Weichen für ihre berufliche Laufbahn stellen.
Beim #dop4u machen insgesamt 13 Betriebe in Ahaus, Vreden, Borken-Weseke,
Gescher, Südlohn und Bocholt mit. Was sind ihre Motive fürs Mitmachen?
Der Fachkräftemangel in technischen Berufen ist natürlich auch im Kreis Borken ein
wichtiges Thema. Deshalb ist den Unternehmen sehr daran gelegen, frühzeitig mit
jungen, technikinteressierten Talenten in Kontakt zu treten. Die vergangenen Jahre
haben immer wieder gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler nach dem Dualen
Orientierungspraktikum als Nachwuchskräfte bei ihrem ehemaligen Praktikumsbetrieb
angefangen haben. Daher wird dieses Format sehr gerne von den Unternehmen in der
Region unterstützt.
Warum sollten junge Leute nach der Schule in der Region bleiben, hier arbeiten oder hier
studieren? Oder anders gefragt: Was macht den Kreis Borken so attraktiv für angehende
Fachkräfte?
Die Wirtschaft im Kreis Borken bietet eine Menge: Sie ist mittelständisch geprägt,
innovativ und international erfolgreich. Hier finden sich besonders viele attraktive
Unternehmen, Marktführer und Global Player. Der Mittelstand bietet hochqualifizierte
Arbeitsfelder mit hohem innovativem, zukunftsweisendem Anspruch. Mit der
Westfälischen Hochschule in Bocholt und ihrem vielseitigen Angebot im technisch-
ökonomischen und naturwissenschaftlichen Bereich verfügt die Region zusätzlich über
einen starken Studienstandort.